In einer mehrteiligen Serie greift die WZ Themen auf. Heute geht es darum, wie eine Untersuchung im Krankenhaus abläuft, und welche Spuren wie lange aufbewahrt werden können.
Sexuelle Übergriffe sind Ausdruck von Gewalt, von fehlendem Respekt, und sie sind Machtdemonstrationen. Sie verletzen den Körper und die Seele eines Menschen. Opfer solcher Taten sind häufig schwer und langfristig traumatisiert und oft unsicher, wie sie auf einen solchen Übergriff reagieren sollten. Helfen kann hier fachkundige Beratung, beispielsweise im Hochwaldkrankenhaus. Das Ärzteteam der Bad Nauheimer Frauenklinik arbeitet mit dem Frauen-Notruf Wetterau zusammen und bietet Opfern sexueller Übergriffe neben Untersuchungen zur Beweissicherung auch alle zur Entscheidungsfindung nötigen Informationen an.
Bis zu 20 Frauen im Jahr
»Seit Zustandekommen der Kooperation im Jahr 2015 nutzen 10 bis 20 Frauen jährlich unser Angebot«, sagt Chefarzt Dr. Ulrich Groh. »Männern stünde es auch zur Verfügung, aber bislang haben sich ausschließlich Frauen bei uns gemeldet«, schildert er seine Erfahrungen. Bei allen Frauen, die Hilfe gesucht haben, war es zu einem sexuellen Übergriff gekommen oder es bestand der Verdacht darauf. In zwei Drittel der Fälle hatten sich die Frauen zuvor bereits an die Polizei gewandt, die dann die entsprechenden Untersuchungen zur Beweissicherung veranlasste. »In den anderen Fällen suchten die Betroffenen den Erstkontakt mit uns, denn sie waren noch nicht sicher, ob sie den Vorfall überhaupt anzeigen wollten oder nicht«, sagt Fachärztin Christine Bühner. »Manchmal geht es auch nur um eine Beratung, beispielsweise zur Schwangerschaftsverhütung.« Auf der Webseite des Frauen-Notrufs gibt es dazu einen Flyer, bei dem in dem Zusammenhang die »Pille danach« erwähnt wird. Denn diese kann eine Frau, die Opfer eines sexuellen Übergriffs geworden ist, vor einer ungewollten Schwangerschaft schützen. Je früher sie eingenommen wird, desto sicherer ist die Wirkung.
Behutsame und diskrete Befragung
Unabhängig von dem Weg, den die Frauen ins Hochwaldkrankenhaus nehmen, ist das anschließende Vorgehen ähnlich. Fachärztin Bühner sagt: »Die Frauen werden behutsam und diskret über das vorangegangene Ereignis befragt.« Sowohl in den von der Polizei begleiteten Fällen als auch bei Vorstellung auf Eigeninitiative erfolgt eine Befundsicherung: Eventuell eingetretene Verletzungen werden dokumentiert und Abstriche entnommen, um DNA-Spuren zur Identifizierung des Täters oder der Täter zu erhalten. Sollte sich die Frau noch nicht für eine Anzeige entschieden haben, wird das Material ein Jahr lang in der Gießener Rechtsmedizin aufbewahrt. »Dies gibt der Betroffenen Zeit, sich in relativer Ruhe über ihr weiteres Vorgehen klar zu werden«, sagt Bühner. Nach dieser Frist würden die Proben in der Rechtsmedizin automatisch vernichtet. Stets erfolge eine umfassende Beratung, auch im Hinblick darauf, wie eine durch die Vergewaltigung verursachte Schwangerschaft verhindert werden kann und was gegen sexuell übertragbare Krankheiten zu tun ist.
»Nicht selten erleben wir, dass sich Frauen in einem vorübergehenden Zustand der Bewusstseins-Einschränkung, einem »Filmriss«, bei uns vorstellen und sicherstellen möchten, dass es keine Indizien für einen sexuellen Übergriff gibt«, sagt Dr. Groh. In anderen Fällen sei es nach Angaben des Arztes klar, dass ein derartiger Übergriff stattgefunden habe, dann werde entsprechend Beweismaterial für eine eventuelle gerichtliche Aufarbeitung des Vorgehens gesichert.
Beratung auch ohne Polizei
Für Dr. Groh als Teil des Ärzteteams des Gesundheitszentrums Wetterau ist es wichtig, »dass möglichst alle Frauen, denen dieses Angebot gegebenenfalls helfen könnte, die Möglichkeit zur Vorstellung hier bei uns kennen und auch wissen, dass sie nicht unbedingt als ersten Schritt die Polizei einbinden müssen, sondern sich auch hier direkt beraten lassen können.« Über die Jahre habe das gynäkologische Ärzteteam des Hochwaldkrankenhauses viel Erfahrung mit dem Thema gesammelt, was einen behutsamen Umgang mit der Situation erleichtere und den zu beratenden Frauen zugutekomme.
Im nächsten Teil geht es um das Angebot des Wetterauer Frauen-Notrufs für die psychosoziale Beratung und Unterstützung für Betroffene und Angehörige.
INFO: Das Bad Nauheimer Hochwaldkrankenhaus ist Anlaufstelle für Frauen und Männer, die Opfer sexueller Übergriffe geworden sind. Hier kann fachkundige Beratung erfolgen. Der Frauen-Notruf-Wetterau schildert auf seiner Webseite, dass ein Facharzt nach einem Gespräch die Verletzungen am ganzen Körper dokumentiert. Dies kann für eine Anzeige, für Schadensersatz oder für Schmerzensgeld von Bedeutung sein. Der Frauen-Notruf merkt an, dass das Wechseln von Kleidung, deren Reinigung sowie Duschen Spuren zerstört. Wenn es möglich ist, soll die betroffene Person diese Dinge vor der Untersuchung vermeiden.