Nein heißt nein! Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht
Der Frauen-Notruf Wetterau e. V. freut sich über die am 7. Juli vom Deutschen Bundestag verabschiedete Reform des Sexualstrafrechts, in dem fortan der Grundsatz „Nein heißt nein“ verankert ist. Diese Reform stellt einen deutlichen Paradigmenwechsel dar. Nicht mehr eine Nötigung ist Voraussetzung für die Strafbarkeit eines sexuellen Übergriffs, sondern entscheidend ist der Wille der Betroffenen. Damit ändert sich ganz grundlegend die bisherige Auffassung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung im Gesetz.
Bisher waren sexuelle Handlungen an einer Person nicht strafbar, wenn diese nur verbal ihren entgegenstehenden Willen deutlich gemacht hatte. Für eine Strafbarkeit mussten zum Beispiel eine Drohung oder das Anwenden von Gewalt hinzukommen.
Künftig kommt es für die Strafbarkeit einer Vergewaltigung nicht mehr darauf an, ob Gewalt angewendet wurde oder die Betroffene sich körperlich gewehrt hat. Entscheidend ist, dass der Täter sich über den erkannten Willen der Betroffenen hinweggesetzt hat.
Es geht um eine klare Verurteilung von sexuellen Handlungen des Täters gegen den Willen des Opfers, von allen und immer. Es geht um eine Gesellschaft, die sexuelle Übergriffe nicht mehr duldet.
„Damit sind auch die Anforderungen der Istanbul-Konvention erfüllt, die ganz klar die Strafbarkeit aller nicht-einverständlichen sexuellen Handlungen fordert“, kommentiert der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff). Mit der Verabschiedung des reformierten Sexualstrafrechts kann dieses wichtige Menschenrechtsabkommen von Deutschland ratifiziert werden.
Kritisch zu bewerten ist hingegen die erst kurzfristig bekannt gewordene Ergänzung, dass mit der Gesetzesänderung auch Ausweisungen erleichtert werden sollen. „Das Ausländerrecht ist nicht der richtige Ort, um sexuelle Gewalt zu sanktionieren.
Bei sexueller Gewalt haben wir es mit einem gesamtgesellschaftlichen Problem zu tun, das alle betrifft, unabhängig von ihrer Herkunft.“, so der bff. Es sind negative Auswirkungen auf die Anzeigebereitschaft von Betroffenen zu befürchten. Sie werden einen Täter ohne deutschen Pass möglicherweise nicht anzeigen, wenn dadurch seine Ausweisung droht.
„Unsere vielfältigen Aktionen der letzten zwei Jahre zu der seit langem ausstehenden Reform des Sexualstrafrechts haben sich bewährt und wir danken allen Mitstreitern_innen und Wegbegleitern_innen!“, bedankt sich der Frauen-Notruf Wetterau e. V..
Dennoch wird der Frauen-Notruf Wetterau e. V. die Umsetzung des reformierten Sexualstrafrechts weiter kritisch beobachten.