Viele Gespräche auf der Selbsthilfe-Meile
Frauennotruf WetterauAuch die Wetterauer Zeitung berichtet:
Vom Hitze-Tipp bis zu seltenen Krankheiten
Bad Nauheim (hms). Selbsthilfegruppen in Wohnortnähe sind für viele kranke Menschen und ihre Angehörigen ein großer Gewinn. Welche Angebote an Beratung und ehrenamtlicher Hilfe es im Wetteraukreis gibt oder wo man sich engagieren kann, dafür gab es Antworten an mehr als 50 Informationsständen in Bad Nauheim auf der Selbsthilfemeile am Samstag. Das Interesse war sehr groß.
»Da wird einem ja ganz schwindelig«, erkennt ein junger Mann, als er mit der 0,6-Promille-Rauschbrille einen Parcours laufen soll. »Das ist jetzt nur die Sehbeeinträchtigung. Ihr Gehirn sagt Ihnen etwas ganz anderes«, klären die Leute vom Freundeskreis Suchtkrankenhilfe auf. An zahlreichen Ständen gibt es Informationen und Aktionen, die Hemmschwellen abbauen und Erkenntnisse fördern.
Viele Menschen informieren sich am Diabetes-Stand und bei den Selbsthilfegruppen Krebserkrankungen oder Demenz. Aber auch seltene Krankheiten sind vertreten, wie Narkolepsie. Nicolas Bayer geht offen damit um und hat gute Erfahrungen gemacht: »Man hat den Drang, plötzlich zu schlafen und kann ihm nicht widerstehen. Dann setze ich mich auf die Bank, schlafe 15 Minuten, danach geht es mir wieder gut«, erzählt er. Die Probleme träten im Alltag auf, oft sei es schwierig, beim Arbeitgeber Verständnis zu finden.
200 neue Ausweise für Organspenden
»Wenn Allgemeinärzte die Krankheit selbst noch nicht richtig kennen oder die Behandlung schwierig ist, ist der Rat Betroffener hilfreich«, sagt Gabriele Zeeb. Ihr Mann leidet unter Polyneuropathie, einer Nervenerkrankung, bei der erste Anzeichen in den Füßen beginnen. »Nicht jeder der schwankt, ist betrunken. Die Patienten gehen wie auf Watte. Sie verlieren das Gefühl für den Bodenkontakt. Oft kommen Schmerzen dazu und Fingersteife«, sagt sie. »Wir helfen durch unsere Erfahrungen.«
Auch für rheumatische Erkrankungen wie Sklerodermie, bei der innere Organe und die Haut betroffen sein können, gibt es in Bad Nauheim eine Selbsthilfegruppe. Lipödem und Lymphödem werden thematisiert oder Restless Legs. Besucher werden oft erst auf die Krankheiten aufmerksam, erfahren im Gespräch aber auch, wie sie sich entlasten können.
Anette Obleser, die die Selbsthilfemeile seit Jahren für den Wetteraukreis organisiert, freut sich, dass Selbsthilfe, Ehrenamt und Beratungsstellen gemeinsam präsent sind. Bei den Grünen Damen, die dringend Zuwachs brauchen, stehen schon nach kurzer Zeit fünf Neue auf der Liste.
Die Diskussion über die Widerspruchslösung ist am Infostand Organspende kein Thema. Nach zwei Stunden waren 200 neue Ausweise ausgegeben. Drei junge Leute haben ihn gerade ausgefüllt: »Ab jetzt habe ich ihn«, strahlt Lennard (26), und Elena (25) fügt an: »Ich kann ja bestimmen, dass ich nicht Haut und Augen spenden will.« Es kämen immer wieder Fragen, ob man auch als älterer Mensch noch Organe spenden könne und ob Organe wirklich nur im Krankenhaus entnommen würden, erzählt Monika Franke. Da sei Aufklärung nötig. Immerhin sei die älteste Spenderin 98 Jahre gewesen.
Den Weg zur anonymen Beratung zeigen die Damen am Stand des Frauen-Notrufs auf. Hier geht es unter anderem um das Thema Vergewaltigung. Viele würden ihre Geschichte erzählen, für manche sei es aber ein langer Weg dorthin, der begleitet werde.
»Das ist das schönste Ehrenamt«, sagt eine Helferin des ASB, als ihr Kollege den spendenfinanzierten Wünschewagen vorstellt. Damit erfüllen sie Menschen, die kurz vor dem Tod stehen, letzte Herzenswünsche. Noch einmal zu meinem Haus fahren, mein Gärtchen sehen oder Abschied von meinem Pferd oder einem früheren Lebensort nehmen, alles innerhalb Deutschlands ist machbar und für den Fahrgast und die Begleitung kostenlos. Aber man soll den Wunsch anmelden, solange der Zustand es erlaubt.
Für heiße Tage gibt es heiße Tipps, wie man die Hitze gut übersteht: Viel trinken, am besten die Flasche immer in Sichtweite haben, um Schwindel und Kopfschmerz zu vermeiden, die Medikamente anpassen und eine Kopfbedeckung tragen. Von der Wohnberatung im Alter über Trauerarbeit bis zum Care-Café und Präventionstipps der Polizei war alles von großem Interesse.