Mit Vernetzung und Prävention gegen Gewalt an Frauen

Frauennotruf Wetterau

Noch immer sind Frauen überproportional von Gewalt und Diskriminierung betroffen. Dagegen machen Niddas Zonta Club und der Frauennotruf Wetterau mobil, wie zwei Vertreterinnen berichten.

Der 25. November ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen und Mädchen. Ziele sind die Stärkung von Frauenrechten und der Kampf gegen Diskriminierung. Seit 1981 unterstützt Zonta International als Serviceclub dieses Ziel, auch in seinen örtlichen Gruppierungen. Im Gespräch mit dieser Zeitung begründet Regina Heilmann, Präsidentin des Zonta Clubs Nidda Oberhessen, dieses Engagement. Und Anne Hantschel vom Frauennotruf Wetterau veranschaulicht, vor welchen Herausforderungen Frauen hier auch noch in heutiger Zeit stehen und was der Frauennotruf dagegen tut.

Frau Heilmann, Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter. Wogegen kämpfen Zontians?

Übergriffe gegen Frauen können verschiedene Formen annehmen: häusliche Gewalt oder Zwangsverheiratung, Vergewaltigung oder Beschneidung. Vielleicht kulturspezifisch verschieden, aber im Kern gleich: Sie verletzen die Menschenrechte von Mädchen und Frauen! Je nach Nationalität des jeweiligen Zonta Clubs gilt der Widerstand den dort häufigen Gewaltformen. Die Opfergruppe soll die Hilfe bekommen, die sie braucht! Auch Männer, die Beziehungsgewalt erleben, haben das Recht auf Hilfe. Nicht nur grobe Gewaltformen gefährden. Auch Mädchen von Bildung auszuschließen, ist ein Verstoß gegen ihre Menschenrechte.

Beschneidung, Zwangsverheiratung oder Ausschluss von Bildung gibt es in Deutschland kaum. Kann man davon ausgehen, dass Deutschland ein sicheres Land für Frauen ist?

Nein. Laut einer Mitteilung des Bundeskriminalamts sind die Fälle häuslicher Gewalt 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 6,7 Prozent gestiegen. 70 Prozent der Opfer sind Frauen. Alle drei Tage wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner getötet – fast immer mit einer längeren Gewaltvorgeschichte.

Eskalierende Gewalt – wo sehen Sie als Mitglied eines langjährig engagierten Serviceclubs Möglichkeiten zur Prävention, wo zu konkretem Schutz?

Wir Zontians setzen uns auf verschiedenen Ebenen ein. Zonta International befürwortet die Istanbul-Konvention von 2011, ein völkerrechtliches Abkommen zur Bekämpfung von Gewalt. Die deutschen Zonta Clubs sind im Kontakt mit Parlamentarierinnen, um das noch in Bearbeitung befindliche Gewalthilfegesetz der Bundesregierung mit Unterschriften zu unterstützen und auf eine rasche Ratifizierung zu drängen. Wir haben uns an einer vorherigen Petition beteiligt, den Brandbrief des Deutschen Frauenrats vom 1. Oktober 2024 mitgezeichnet. Wenn die Ratifizierung in dieser Legislaturperiode nicht mehr gelingt, setzen wir uns mit aller Kraft dafür ein, dass auch die im nächsten Jahr gewählte Bundesregierung das Gesetz verabschiedet.

Der Zonta Club Nidda Oberhessen ist ein kleinerer Club im ländlichen Raum. Was können Sie angesichts der beunruhigenden Kriminalstatistik erreichen?

Unsere Stärke liegt in der Vernetzung, international, national und in der regionalen Zusammenarbeit bei der Prävention. Seit Jahren unterstützen wir die Beratungs- und Schutzarbeit des Frauennotrufs Wetterau und die des Kinderschutzbunds Schotten. Auch Überforderung von Familien kann zu Gewaltspiralen führen. Zonta Nidda Oberhessen organisiert Selbstverteidigungskurse für Frauen und Mädchen. Deutschlandweit unterstützen nahezu alle Zonta Clubs lokale Präventions- und Schutzeinrichtungen.

Frau Hantschel, was macht es Frauen so schwer, aus Gewaltbeziehungen auszusteigen?

Die Gründe sind individuell: etwa gesellschaftliche Werte und Rollenvorstellungen; etwa wenn Frauen eine Mitschuld gegeben wird und sie sich aus Scham keine Hilfe holen. Scham oder das Sich-Definieren über Partnerschaft. Täterstrategien können eine Rolle spielen, so das Verstricken der Partnerin in Abhängigkeit und Isolation. Persönliche Gründe sind die Angst vor Arbeitsplatz- und Wohnungsverlust durch Umzug. Dazu kommt die Angst, die Gewalt könne mit Stalking, Kontrolle und körperlicher Bedrohung nach der Trennung weitergehen.

Welche Erfolge kann der Frauennotruf nach 35 Jahren Arbeit aufweisen?

Neben der Sensibilisierung der Öffentlichkeit konnten wir bundesweit vernetzt unsere Anliegen in die Politik tragen und zusammen manches erreichen, etwa dass Vergewaltigung in der Ehe eine Straftat ist. Wir arbeiten fachlich vernetzt, etwa beim Wetterauer runden Tisch gegen häusliche Gewalt. Wir konnten in interdisziplinärer Zusammenarbeit Hilfsstrukturen voranbringen, etwa seit 2015 medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung. Bei unserer Kampagne über die Gefahren von K.-o.-Tropfen haben wir auch Hilfskräfte (Feuerwehr, Polizei) geschult. Wir entwickeln Präventionsprojekte und -Workshops und bieten sie an Schulen, in Flüchtlingsunterkünften und an weiteren Orten an. Sie sind gut nachgefragt, was den hohen Bedarf zeigt.

Quelle: Kreis-Anzeiger, 17.11.2024
Foto: Elfriede Maresch