Jahresrückblick 2020: Beratung unter Pandemie-Bedingungen

Frauennotruf Wetterau

Die Corona-Pandemie hat die Unterstützungsarbeit des Frauen-Notrufs Wetterau e.V. in 2020 erheblich beeinträchtigt. Schon zu Beginn der Pandemiesituation wurde schnell deutlich, dass die coronabedingten Schutzmaßnahmen die Situation gewaltbetroffener Frauen, vor allem bei häuslicher Gewalt, zusätzlich erschweren und den Zugang zu Hilfemöglichkeiten behindern. Arbeiten im Homeoffice oder eine Quarantäne-Situation boten dem gewalttätigen Partner nahezu permanente Gelegenheit, Gewalt und Kontrolle auszuüben. Dies hinderte Frauen häufig daran, ein Beratungsangebot zu nutzen und in der Gewaltsituation Unterstützung zu bekommen. Dem Team des Frauen-Notrufs war es daher wichtig, einen einfachen, sicheren und vor allem beständigen Zugang zum Beratungsangebot aufrechtzuerhalten. Es wurden umgehend alle erforderlichen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Anpassung der technischen Möglichkeiten durchgeführt, um Erreichbarkeit und Unterstützungsmöglichkeiten zu gewährleisten. Dank schneller Fördermaßnahmen und Spenden konnte die technische Ausrüstung erweitert werden, so dass schon bald mobiles Beraten und Arbeiten außerhalb der Beratungsstelle möglich waren. Gleichzeitig wurde zum Schutz der Gesundheit innerhalb der Beratungsstelle ein Hygienekonzept erstellt und umgesetzt. So konnte während der gesamten Lockdown-Phasen die Beratung von Frauen und Mädchen, die von Gewalt betroffen oder bedroht waren, stattfinden.

Trotz der erschwerten Bedingungen haben sich im Jahr 2020 191 Frauen und drei Männer beraten lassen. Die überwiegende Anzahl kam aus dem Wetteraukreis. Es gab insgesamt 617 Beratungskontakte. Beratungsthemen waren: häusliche Gewalt, sexuelle Belästigung, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, Stalking, die Gefahr von Zwangsheirat und digitale Gewalt.
Auch die medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung wurde von Betroffenen in Anspruch genommen. Nach einer versuchten oder vollendeten Vergewaltigung können sich Frauen und Mädchen – und auch Jungen und Männer – im Hochwaldkrankenhaus Bad Nauheim medizinisch versorgen und auf Wunsch eine vertrauliche Spurensicherung durchführen lassen, ohne eine Anzeige bei der Polizei erstatten zu müssen.

Insgesamt 12 vergewaltigte Frauen ließen sich medizinisch versorgen. Davon erfolgte die überwiegende Zahl der Untersuchungen mit Spurensicherung und polizeilicher Anzeige. Betroffen waren Frauen und Mädchen zwischen 15 und 49 Jahren. In den meisten Fällen gehörten die Täter zum Freundes- und Bekanntenkreis.

Es ist jedoch zu vermuten, dass sich viele betroffene Frauen und Mädchen nach einer Vergewaltigung nicht medizinisch versorgen ließen. Zudem kommt für viele Betroffene eine polizeiliche Anzeige nach einer Vergewaltigung nicht in Frage, da sie den Täter kennen und u.a. Angst vor möglicher Rache haben. Auch scheuen sich viele, sich einem belastenden Strafverfahren auszusetzen.

Hier bietet eine Beratung durch den Frauen-Notruf Wetterau e.V. eine wichtige Stabilisierungs- und Entscheidungshilfe. Die Beratung ist kostenlos und kann persönlich, telefonisch oder online erfolgen, auf Wunsch auch anonym. Betroffene Männer und Jungen können an entsprechende Fachstellen weitergeleitet werden.
Persönliche Beratung ist im Frauen-Notruf Wetterau e.V. derzeit nach Absprache und unter Einhaltung der Corona-Bestimmungen möglich. Die Beratungsstelle ist täglich von 9:00 – 13:00 Uhr sowie mittwochs von 15:00 – 19:00 Uhr erreichbar und befindet sich in Nidda, Hinter dem Brauhaus 9. Nach Absprache können Beratungen auch außerhalb der Öffnungszeiten stattfinden.

Kontakt: Telefon 06043-4471, info@frauennotruf-wetterau.de oder über die geschützte Online-Beratung auf der Homepage. Weitere Informationen, auch mehrsprachig und in Leichter Sprache, finden Sie auf der Homepage unter: https://www.frauennotruf-wetterau.de.