Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – SPD-Bundestagskandidatin zu Besuch bei Frauen-Notruf Wetterau e.V.

Frauennotruf Wetterau

In den Räumlichkeiten des Frauen-Notrufs Wetterau in Nidda informierte sich die SPD-Bundestagskandidatin und Kreistagsabgeordnete Natalie Pawlik gemeinsam mit der Landtagsabgeordneten und SPD Wetterau Vorsitzenden Lisa Gnadl sowie der stellvertretenden Vorsitzenden der Niddaer SPD, Laura Lobo-Massaro bei den Mitarbeiterinnen des Frauennotrufs Christa Mansky, Jeanette Stragies und Anne Hantschel über die Arbeit des Frauennotrufs und die Entwicklungen im Bereich Gewalt gegen Frauen während der Corona-Pandemie.

Die Beratungs- und Interventionsstelle für Frauen und Mädchen, die sexualisierte, körperliche oder psychische Gewalt erlebt haben, hat während der Pandemie viel erlebt. „Während des ersten Lockdowns war es still, danach haben die Zahlen enorm angezogen. Nach dem zweiten Lockdown hat die Anzahl der hilfesuchenden Frauen nochmals zugenommen. Der Beratungsauftrag im ersten Halbjahr 2021 stieg explosionsartig, so eine hohe Anfrage hatten wir noch nie – und anhand der Zahlen kann man jetzt schon sagen: es wird weiter steigen“, erzählt Christa Mansky, auf ihre jahrzehntelangen Erfahrungen zurückblickend. „Man hat gemerkt: Anfangs versuchten Frauen sich noch in der Situation zu orientieren, als sie gleichzeitig mit ihren Partnern zu Hause waren und fast keine Möglichkeiten bestanden Hilfe zu holen. Es gab häufig noch die Idee „es hört bald wieder auf“. Das hat es aber nicht. Jetzt ist der Ansturm riesig und die Frauen wollen akut weg, raus aus der Gefahrensituation im eigenen Zuhause“, ergänzt Jeanette Stragies aus den Erlebnissen der Beratungs- und Hilfearbeit in den letzten Wochen. Bei den Hilfesuchenden seien sämtliche Altersstrukturen und die ethnische und soziale Herkunft sei breit gefächert.

„Wir sind mit den Angeboten im Wetteraukreis nicht schlecht aufgestellt, aber wenn man genauer hinschaut, wird deutlich wie viel auch fehlt. Losgelöst von Corona wäre eine bedarfsgerechte Betreuung für 100.000 Einwohner durch 17 Vollzeitstellen zu leisten. Der Frauen-Notruf hat real 2,3 Vollzeitstellen mit einer Verwaltungsstelle“, erklärt Christa Mansky. „Dennoch machen wir in unserer Beratung und Hilfeleistung keine Abstriche. Wir bieten solange die Beratung an, wie es gebraucht wird. Da gibt es keine Richtlinie von 5 Beratungen pro Fall. Das reicht nicht. Das ist ein Prozess, da gibt es auch mal Rückschläge“, ergänzt Stragies.

„Die Umsetzung der Istanbul-Konvention, das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, muss auch auf Bundesebene weiter vorangetrieben werden. Wir brauchen einen konkreten Aktionsplan und die Bereitstellung von allumfänglichen Ressourcen zur Förderung der Hilfestrukturen. Es reicht nicht aus, nur bauliche Maßnahmen finanziell zu förderngleichzeitig aber nicht die personellen Ressourcen aufzustocken“, betont die SPD-Bundestagskandidatin Natalie Pawlik.

„Kein Frauenhaus, keine Beratungsstelle oder Frauennotruf wird die kapazitäten erweitern können und die Räumlichkeiten ausbauen, ohne zu wissen, ob mehr Personal folgt. Das können die ohnehin schon überarbeiteten und mit Anfragen überlaufenen Mitarbeiterinnen der Hilfe- und Beratungsstellen einfach nicht stemmen! Die Landesregierung muss dringend nachsteuern und das Bundesprogramm mit Landesmitteln flankieren. Sonst werden die Bundesmittel vor Ort nicht abgerufen werden können“, fordert auch Lisa Gnadl, die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion.

„Für die tatsächliche Umsetzung der Istanbul-Konvention brauchen wir einen gesamtgesellschaftlichen Umwälzungsprozess. Es geht darum die Gewalt zu verhindern, deren Grundbasis unterschiedliche Machtverhältnisse sind.“, zeigt sich Christa Mansky entschlossen. Das sehen Gnadl und Pawlik genauso. „Letztendlich kommt man nicht darum herum, auf Veränderungen im Bund zu pochen. Im Land habe ich bei der schwarz-grünen Landesregierung in den letzten Jahren keine großen Ambitionen in dem Bereich gesehen und während der Corona-Pandemie hat sich auch nichts getan“, erklärt Lisa Gnadl bedauernd, die auf Landesebene immer wieder Impulse gesetzt hatte. Für eine strukturelle Veränderung und neue Vernetzungsstrukturen möchte sich Natalie Pawlik in Berlin einsetzen. „ Neben der Bereitstellung von notwendigen Ressourcen für die Hilfestrukturen brauchen wir unter anderem auch eine Stärkung der präventiven Arbeit, die Anhebung der Standards der Bundesländer auf ein gleich hohes Niveau sowie den Ausbau der Sensibilisierung für häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen in den Sicherheitsbehörden. Bis zur tatsächlichen Umsetzung der Istanbul-Konvention ist es noch ein langer Weg bei dem alle politischen Ebenen und die Gesamtgesellschaft gefragt ist“, so Pawlik abschließend.