Ein Aufruf an Betroffene, sich Hilfe im Krankenhaus zu holen.

Frauennotruf Wetterau

Eine Vergewaltigung ist immer ein Notfall, sowohl für die psychische Gesundheit der Betroffenen, als auch für die körperliche Gesundheit. Viele Betroffene lassen sich jedoch nicht medizinisch versorgen, aus Scham oder Angst, dass über ihren Kopf hinweg Anzeige erstattet oder die Familie informiert wird.
Die medizinische Erstversorgung ist jedoch sehr wichtig, betont Christa Mansky vom Frauen-Notruf Wetterau: »Es besteht die Gefahr von Verletzungen oder einer Schwangerschaft. Zudem sollte abgeklärt werden, ob sexuell übertragbare Krankheiten vorliegen.«
Der Frauen-Notruf koordiniert seit 2015 das Projekt der medizinischen Soforthilfe nach Vergewaltigung im Wetteraukreis und bietet betroffenen Frauen psychosoziale Unterstützung und Beratung an. Im Hochwaldkrankenhaus in Bad Nauheim können sich Frauen und Männer (auch Minderjährige) medizinisch versorgen und auf Wunsch die Spuren gerichtsfest sichern lassen. Die Spuren werden anonymisiert für ein Jahr aufbewahrt, sodass sich die Betroffenen nicht sofort für oder gegen eine Strafanzeige entscheiden müssen. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte unterliegen der Schweigepflicht, das heißt, die Polizei wird nicht ohne Einverständnis der Betroffenen informiert.
Bis Anfang Dezember versorgte das Hochwaldkrankenhaus neun Frauen im vergangenen Jahr. Die Betroffenen waren zwischen 15 und 41 Jahren alt, sieben von ihnen entschieden sich für eine Spurensicherung. Bei der Spurensicherung spielt die Zeit eine sehr wichtige Rolle, da die Spuren zum Teil nur wenige Tage nachweisbar sind. Daher sollten sich Betroffene, so schwer es auch fallen mag, zeitnah an das Krankenhaus wenden und auf eine Dusche oder einen Kleidungswechsel möglichst verzichten. »Niemand muss allein ins Krankenhaus gehen, man kann zum Beispiel eine Freundin zur Unterstützung mitnehmen. Wir bieten auch Begleitungen an und können Fragen zum Untersuchungsablauf beantworten«, sagt Christa Mansky.
In den meisten Fällen kannten die Frauen den Täter bereits im Vorfeld und die Vergewaltigung fand überwiegend im privaten Umfeld und nicht im öffentlichen Raum statt. »Die Zahlen belegen, was in der Wissenschaft und Praxis seit Jahren bekannt ist: die Vorstellung vom dunklen Park oder der Unterführung als gefährlichster Ort für eine Frau ist ein Mythos. Natürlich finden auch dort Gewalttaten statt, aber die größte Gefahr besteht im privaten Umfeld der Frauen und Mädchen«, erklärt Christa Mansky.
Ausführliche Informationen sowie alle Kliniken, die an dem Programm teilnehmen, sind hier zu finden: https://www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de/.
Nidda/Region (red). Kreis-Anzeiger, 06.01.2022