Die Gefahr in der Beziehung
Frauennotruf WetterauDie eigene Beziehung ist vielfach eine Quelle der Gewalt gegen Frauen. Anlässlich des Orange Days weisen die Bezirkslandfrauen Nidda mit einem Film auf das Thema häusliche Gewalt hin.
Nidda (em). »Licht an! Orange the world! Frauenpower Wetterau!« So lautet das Motto der zentralen Veranstaltung zum Internationalen Tag der Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, Mädchen und Transpersonen auf dem Niddaer Marktplatz (der KA berichtete). Deutlich wird dabei: Die Veranstaltung ist weder Einzelveranstaltung noch eine Pflichtübung, sondern Informationspunkt über kontinuierliche, solidarische Arbeit an einem möglichst tragfähigen Netz von Hilfen.
Mit großer Betroffenheit reagierten Zuschauerinnen und Zuschauer, die der Einladung des Bezirkslandfrauenvereins Nidda zum Film »She said – Die Weinstein Affäre und #Me too« folgten. »Der Film zeigt ja ein ganzes System von Übergriffigkeit und Vertuschung – unglaublich«, war zu hören. Gestützt auf sorgfältige Recherche schildert der Film die Unverfrorenheit vieler sexueller Übergriffe bis hin zur Vergewaltigung, den Einschüchterungsdruck auf die Opfer, aber auch auf die recherchierenden Journalistinnen, und das System der Schweigegeldzahlungen, die ganz sicher nicht aus Weinsteins eigener Tasche gezahlt wurden.
Doch der Besuch dieses beeindruckenden Films war keine Einzelaktion des Bezirkslandfrauenvereins Nidda. Das Thema »Frauen stärken« ist der rote Faden im Vereinsprogramm. Der Verband ist seit Jahren Mitglied des Wetterauer Frauen-Notrufs, lud schon mehrfach zu Vorträgen von Notruf-Referentinnen und spendete für diese Arbeit. Schon 2023 gab es eine eigene Aktion des Deutschen Landfrauenverbands. Das setzte man 2024 fort. »Gewalt kommt nicht in die Tüte!« stand auf den auch im Kino verteilten Papiertaschen mit Infos zu Hilfen, Kameraabdeckungen und dem QR-Code zum Positionspapier des Deutschen Landfrauenverbands gegen Gewalt.
Häusliche Gewalt steht im Fokus
»Die Veranstaltung auf dem Marktplatz war richtig gut«, war dann auch am Montagabend im Lumos Kino zu hören. Viele waren aufgewühlt vom Treffen gekommen. Eine Gesprächspause war notwendig, noch ehe Jannina Klein und Julia-Katharina Wintermeyer (Frauen-Notruf Wetterau) als Moderatorinnen zum Film »Nur noch ein einziges Mal« begrüßten. 80 Frauen verschiedenen Alters sowie einige Männer saßen auf den Zuschauerplätzen. Ein zunächst scheinbar romantisches Hollywood-Drama begann.
Basierend auf dem Bestsellerroman von Coleen Hoover, die selbst Erfahrungen mit häuslicher Gewalt machte, war der Film schon in den USA ein großer Erfolg. Mit sehr guten Darstellenden besetzt, entfaltet sich eine Welt schöner Bilder, eine glückliche Beziehung scheint sich abzuzeichnen – bis zu plötzlichen Einbrüchen häuslicher Gewalt. Nur »Ausraster« des Hauptdarstellers (Justin Baldoni)? Doch seine Partnerin Lily (Blake Lively) hat tiefe, blutende Platzwunden im Gesicht, wird einmal in die Bewusstlosigkeit geprügelt. Eine Stärke des Films: In Rückblenden zeigt er die Jugend Lilys. Auch ihr Vater war gewalttätig zu ihrer Mutter, auch dort kam es zur Vergewaltigung der Frau. Lilys Flashbacks blockieren sie, machen ihr den Abbruch der Beziehung schwer, die Ermutigung einer Freundin hilft.
Eine Zuschauerinnen-Gruppe war anschließend zur Diskussion geblieben, das Team des Frauen-Notrufs antwortete. Kritisch merkte man an, dass der Film ein Stück gesellschaftlichen Hintergrunds nicht zeigt: finanzielle Unsicherheit nach der Trennung, fehlende Kinderbetreuung, aber auch gewaltfördernde Milieus sowie Kneipengespräche vom »strammen Kerl« und der »hysterischen Frau«.
Die Erste Kreisbeigeordnete Birgit Weckler, die sich Zeit für Film und Diskussion genommen hatte, betonte die Pluspunkte des Films: »Die Frau schafft den Beziehungsabbruch, auch mithilfe der Freundin, der Film macht Mut.« Steffi Lupp hatte den Kontakt zu Radio Frankfurt vermittelt, ein Mitarbeiter war gekommen, über die Wetterauer Veranstaltungen zum Orange Day wird auch dort berichtet. Mehrfach lobten Diskussionsteilnehmerinnen, dass durch Vermittlung von Regina Heilmann (Zonta Club Nidda Oberhessen) die zentrale Veranstaltung in den Osten der Wetterau geholt wurde.
Dass hier kein gewaltfreies Idyll herrscht, wurde aus den Diskussionsbeiträgen zum Femizid in Altenstadt deutlich. »Gewalt stoppen, ehe sie manifest wird«, lautete daher der Tenor. Auf großes Interesse stieß dabei auch die Präventionsarbeit des Frauen-Notrufs in Schulen von der Jahrgangsstufe 8 bis in den Berufsschulbereich.
Quelle: Kreis-Anzeiger, 27.11.2024
Foto: Elfriede Maresch