Der Weg aus der Gewaltfalle

Frauennotruf Wetterau

Frauen trifft die Corona-Pandemie besonders stark, etwa dann, wenn gewalttätige Ehemänner und Partner ständig zu Hause sind. Der Frauennotruf in Nidda und das Frauenhaus und die Beratungsstelle »Frauen helfen Frauen« in Friedberg hatten deshalb in diesem Jahr deutlich mehr zu tun.

Du kannst nichts, du bist nichts. Wenn du mich verlässt, wirst du verhungern.« Solche und ähnliche Sätze hören mitunter Frauen von ihren gewalttätigen Männern. Betroffene aus dem Wetteraukreis, die einen Weg aus der Partnerschaftshölle suchen, können in Nidda und Friedberg Hilfe bekommen. »Wir haben ein arbeitsreiches Jahr hinter uns«, beschreibt Anne Hantschel vom Frauen-Notruf in Nidda die Lage im Pandemiejahr 2021. Die Beratungs- und Kontaktanfragen nahmen demnach zu, ebenso die Folgespräche. Wie die Mitarbeiterin für Projekt- und Öffentlichkeitsarbeit weiter ausführt, gehen auch vermehrt Anfragen von Einrichtungen ein, etwa von Jugendzentren, Kitas und Schulen. »Das ist dann der Fall, wenn sich Fachkräfte fragen: ›Liegt da etwas vor, wie können wir tätig werden und gibt es Präventionsangebote?‹«

Laut Christa Mansky, Leiterin des Frauennotrufs, fiel der pandemiebedingte Anstieg der Beratungszahlen mit 30 Prozent deutlich aus. Das begann im Dezember 2020 und ging 2021 weiter. Im ersten Halbjahr des Lockdowns war es zunächst weniger gewesen, Mansky nennt den Grund: »Es war für die Frauen schwieriger, Kontakt aufzunehmen, da sie permanent unter Kontrolle waren.« Viele Männer waren ständig zu Hause, die Kitas hatten geschlossen. »Es gab Fälle, wo Frauen extrem kleine Zeitfenster hatten, um sich bei uns zu melden. 2020 bestand auch noch die Hoffnung, dass sich die Situation bald wieder normalisiert.«

Wird die Polizei zu Akut- situationen gerufen, muss sie die Frauen auf ihr Recht auf Beratung aufmerksam machen. In den Gesprächen geht es aber nicht nur um körperliche Misshandlungen, sondern auch um psychische Gewalt, Erniedrigungen, Vorenthalten von Geld und Erpressungen.

Wegen der Zunahme der Fälle hat die Beratungsstelle im Oktober um fünf Stunden wöchentlich aufgestockt. Ausreichend sei das nicht, wie Mansky hervorhebt. »Für die Arbeit, die wir leisten, haben wir keine bedarfsgerechte Finanzierung.« Die öffentlichen Mittel reichten nicht aus.

Vor gestiegenen Herausforderungen standen mit Einsetzen der Corona-Pandemie auch zwei Einrichtungen in Friedberg: Das Frauenhaus und die Beratungs- und Interventionsstelle »Frauen helfen Frauen«, die zusammengehören. Die Beratungsstelle ist für den Westkreis zuständig, das Frauenhaus für den gesamten Kreis. »Verschärft begleitete uns die Pandemie auch im Jahr 2021, speziell im Frauenhaus. Es gilt aber auch für unser Beratungs- und Unterstützungsangebot«, schildert Leiterin Illona Geupel.

Im Frauenhaus gibt es 24 Plätze für Frauen und Kinder, 32 müssten es sein. Die Anschrift ist geheim. »2020 hatten wir das Zimmerangebot um acht weitere Plätze erhöht«, sagt Geupel. Das währte aber nur von April bis Dezember.

Zahl der Plätze weiter ausbauen

Zur Umsetzung hatte die Einrichtung Appartements angemietet. Innerhalb von vier Wochen waren die Plätze belegt, denn die Nachfrage stieg an, was auch heute noch so ist. Insofern ist die Einrichtung sehr daran interessiert, die Frauenhaus-Plätze nach und nach auszubauen.

In der Pandemie sei einiges anders gewesen, wie Geupel erläutert. Dazu gehörten die Notwendigkeit einer Quarantäneschleuse, zudem erschwerte Erstaufnahme-Gespräche. Die Frauen hätten wenig Sozialkontakte, die Zugangswege zu Behörden und Institutionen seien eingeschränkt. Normalerweise bauen die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses die Betroffenen auf, indem sie ihnen ihre Selbstwirksamkeit aufzeigen, etwa Behörden eigenständig aufzusuchen. Das war zeitweise nur online möglich, ebenso wie Sprachkurse und Beschulung. Dank Spenden konnte das Frauenhaus Laptops besorgen.

Nachdem sich der Pandemie-Verlauf im Sommer dieses Jahres abgemildert hat, verschärft sich die Lage durch die erneut explodierenden Zahlen. »Wir müssen wieder gucken, wie wir das Hygienekonzept anpassen«, sagt Geupel. Vor Weihnachten hätten einzelne Kinder gefragt, ob sie zu Oma und Opa dürfen. Das sei aber nicht gegangen.

Kreis-Anzeiger, veröffentlicht 28.12.2021
von Petra Ihm-Fahle

Foto: Ein arbeitsreiches Jahr liegt hinter den Mitarbeiterinnen des Frauennotrufs, hier (v. l.) Jeanette Stragies, Christa Mansky und Anne Hantschel.
© Petra Ihm-Fahle